8. Mai 2016

Lewis Carroll: Alice im Wunderland

Lewis Carroll: Alice in Wonderland. Wordsworth Editions Limited. Hertfordshire. 1993.
Erstveröffentlichung: Alice’s Adventures in Wonderland. 1865.





Wie ich endlich diesen Klassiker gelesen habe

Alice‘ Geschichte ist nun weitläufig bekannt, vielfach adaptiert worden und nichts Neues mehr. Sie ist zu einem Selbstläufer geworden, einem Klassiker. Die kleine Alice folgt einem weißen Kaninchen mit Taschenuhr in einen Kaninchenbau und fällt in eine Welt voller Merkwürdigkeiten.

Ich wusste nun also schon, was in der Geschichte passiert, und bin sehr voreingenommen an das Buch herangegangen. Es hat mich deswegen von der Handlung her nicht umgehauen und hat für mich an manchen Stellen ein bisschen geschwächelt. Das holt die Lektüre aber an anderen Stellen wieder raus!

Die Handlung also war bekannt, doch natürlich sind mir auch Unterschiede zu den einzelnen Verfilmungen aufgefallen. Dennoch ist die Grundidee immer dieselbe. Alice stolpert durch Wunderland und begegnet phantastischen Kreaturen, die merkwürdige Spiele veranstalten und unsinnige Gespräche führen. Die einzelnen Etappen auf Alice‘ Odyssee könnten ein klein wenig mehr miteinander und untereinander verbunden sein. So sind sie eine Aneinanderreihung von Szenen. Diese Szenen aber sind wunderbar! Es ist herrlich, wie Carroll mit Worten, Figuren und logischen Zusammenhängen spielt und Alice in Abenteuer schickt, die absurd und sinnvoll zugleich sind. Besonders die Teeparty mit dem Hutmacher gefällt mir besonders gut.

"Where did they draw the treacle from?"
"You can draw water out of a water-well," said the Hatter; "so I should think you could draw treacle out of a treacle-well - eh, stupid?"
"But they were in the well," Alice said to the Dormouse, not choosing to notice this last remark.
"Of course they were," said the Dormouse; "- well in."
This answer so confused poor Alice, that she let the Dormouse go on for some time without interrupting it.
"They were learning to draw," the Dormouse went on, ywaning and rubbing its eyes, for it was getting very sleepy; "and they drew all manner of things - everything that begins with an M -"
"Why with an M?" said Alice.
"Why not?" said the March Hare.
Alice was silent.
The Dormouse had closed its eyes by this time, and was going off into a doze; but, on being pinched by the Hatter, it woke up again with a little shriek, and went on: " - that begins with an M, such as mouse-traps, and the moon, and memory, and muchness - you know you say things are "much of a muchness" - did you ever see such a thing as a drawing of a muchness?"
"Really, now you ask me," said Alice, very much confused, "I don't think -"
"Then you shouldn't talk," said the Hatter.
(Seite 77)

Das Mädchen selbst ist beharrlich und etwas stur. Sie pocht gern auf ihre Meinung und die Dinge, die sie gelernt hat. Sie stellt damit einen passenden Kontrast zur entrückten Wunderwelt dar, in der die Figuren mit ihrer ganz eigenen Logik leben und ihren Alltag ziemlich sonderbar verbringen. Alice lässt sich nicht alles gefallen, aber sie ist ebenso begeistert bei allen Spielen und Veranstaltungen dabei.


Die anderen Figuren sind uns allen auch bereits bekannt. Der verrückte Hutmacher, der mit dem Märzhasen und der Schlafmaus Tee trinkt, kommt tatsächlich im Buch nicht ganz so sympathisch rüber, wie Johnny Depp ihn aufstellt. Die Rote Königin, oder Herzkönigin, lässt jeden köpfen, der nicht ihrer Meinung ist oder das königliche Croquet-Spiel aufhält. Das ist ziemlich brutal und Alice geht über die Tatsache, dass mehrere Figuren zur Hinrichtung abtransportiert werden, gelassen hinweg.

"But I don't want to go among mad people," Alice remarked.
"Oh, you can't help that," said the Cat: "we’re all mad here. I'm mad. You're mad."
"How do you know I'm mad?" said Alice.
"You must be," said the Cat, "or you wouldn't have come here."
(Seite 67)


Die Grinsekatze aber ist mir im Buch genauso lieb wie in der Filmversion von Tim Burton in Zusammenarbeit mit Disney. Obwohl sie unablässig verschwindet und wieder erscheint, ist sie die einzige, mit der Alice sich einigermaßen normal unterhalten kann. Dennoch verliert sie einen gewissen Charme nicht, denn sie beobachtet das Geschehen aus der Entfernung und begleitet Alice durch das Buch. Ich liebe diese Katze einfach :-D

Der Stil ist ansprechend und lustig. Besonders die Gespräche zwischen den Figuren sind genial, wenn sie Alice‘ Logik auf den Kopf stellen. Zwischendurch aber ist mir aufgefallen, dass es wie eine Erzählung wirkt, die einfach runtergeschrieben wurde. Informationen werden dem Satz am Ende angehängt, so dass ich ihn erst verstand, als ich ihn noch einmal las. Erklärungen werden oft in einer Klammer hinzugefügt. Das ist an manchen Stellen ein interessanter Stil, an anderen verwirrend.

Insgesamt also ist das Buch wundervoll und gespickt mit lustigen und herrlich verrückten Dingen. Über einige Aussagen habe ich länger nachgedacht und mit Sicherheit ist Alice im Wunderland keine reine Kindergeschichte. Als Leser muss man eben damit klar kommen, dass man die Geschichte schon kennt. Doch es gibt einige schöne Passagen, die in den Adaptionen nicht vorkommen, und außerdem ist ein geschriebenes Werk, in dem man die Gedanken der Hauptfigur nachverfolgen kann, natürlich etwas ganz anderes.

Weitere Gedanken zum Buch: Achtung, Spoiler!

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